26.03.2025 - Kategorie: Aktuelles (Startseite)
Diese provokante Frage bildete das Motto der Theologischen Tage des Martin-Luther-Bundes, die vom 3. bis 5. März 2025 in Hofgeismar durchgeführt wurden.
Mit einem lapidaren »Ja« oder »Nein« ist diese Frage sicher nicht ausreichend beantwortet. Gefordert sind tiefer liegende Antworten nach dem »Wie und warum?«. Diesen Antworten ging die Tagung nach – mit fast fünfzig Teilnehmenden, darunter einem guten Drittel Gäste aus der Diaspora – aus Russland, Estland, Georgien, Lettland, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien, aus den Niederlanden und Frankreich.

Die Gelegenheit zur Diskussion der Vorträge wurde rege in Anspruch genommen. – Bild: MLB
Ausgangspunkt war das Augsburger Bekenntnis von 1530 mit seinem ersten Artikel, dem einhelligen Bekenntnis zu dem einen Gott, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Es bezieht sich dabei ausdrücklich auf das Konzil von Nizäa von 325. Zum 1700-jährigen Jubiläum dieses Konzils und des nach ihm benannten ökumenischen Glaubensbekenntnisses waren zwei Referentinnen und ein Referent eingeladen. In drei begleitenden Lektüregruppen wurden die aufgeworfenen Fragen vertieft und diskutiert, anhand ausgewählter Texte von Luther und Melanchthon. Verbunden war dies mit einem Vergleich der drei altkirchlichen Bekenntnisse nach lutherischer Tradition.
Professorin Jennifer Wasmuth (Göttingen) arbeitete unter dem Motto »Warum trinitarisch glauben?« die Grundlagen bei Luther und Melanchthon heraus. Anders als der unter dem Namen Melanchthon gern zitierte Ausspruch »Die Geheimnisse der Gottheit sind besser anzubeten als zu erforschen« war es gerade Melanchthon, der sich in Auseinandersetzung und Ablehnung antitrinitarischer Positionen intensiv mit trinitarischer Theologie und ihrer Begrifflichkeit befasste und dabei auch das von Nizäa ausgehende Glaubensbekenntnis für Unterricht und Glaubenspraxis nutzte. Melanchthon vergewisserte dabei – trotz der damit verbundenen begrifflichen Herausforderungen – die gemeinsame christliche Grundlage trinitarischen Glaubens, d.h. ihre Katholizität.
Luther betonte von vorneherein viel stärker das »für uns« und das »in Christus sein« des Glaubens an Christus: »Gott« ist »nicht als innerhalb seiner selbst Verbleibender zu kennen, sondern er kommt zu uns, dass wir nämlich fest daran glauben, dass er für uns Gott ist«. Für Katechismus, Predigt und Lied nutzte Luther fast nur das traditionelle Bekenntnis des Westens, das sogenannte Apostolikum, was erstaunt, da gerade das Glaubensbekenntnis von Nizäa (325) und Konstantinopel (381) das »Für uns« aufgreift: »Für uns Menschen und zu unserer Rettung« ist Christus »vom Himmel gekommen« und »Er wurde für uns gekreuzigt«.
Eine Perspektive aus der Diaspora brachte Professor Jerzy Sojka (Warschau) ein. Er erinnerte an die spannungsreiche Geschichte der antitrinitarischen, unitarischen Bewegung im Polen der Reformationszeit mit in der Wirkung toleranten Vereinbarungen, wobei Lutheraner und Reformierte entschieden am trinitarischen Glaubensbekenntnis festhielten. Nach der Auswanderung aufgrund der zunehmenden Gegenreformation im 17. Jahrhundert überlebte unitarische Kirchlichkeit in dieser Region bis heute nur in Siebenbürgen.
Sojka führte die Gedanken weiter bis zur aktuellen ökumenischen Empfehlung aus dem weltweiten Dialog lutherischer und orthodoxer Kirchen, um »um der ökumenischen Gemeinschaft willen« den »ursprünglichen Text des Bekenntnisses« von Nizäa und Konstantinopel »ohne spätere Hinzufügungen« auch praktisch und tatsächlich vermehrt zu verwenden, eine Anregung, die bei der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen unmittelbar in die gerade begonnene Erprobungsphase einer neuen Gottesdienstagende mit aufgenommen wurde.
Dagmar Heller (Konfessionskundliches Institut, Bensheim) vertiefte die ökumenische Perspektive unter dem Titel »Wie weit der trinitarische Glaube die Kirchen verbindet«. Ausgehend vom Anliegen trinitarischen Glauben als »Hilfe zum christlichen Glauben« zu verstehen, würdigte sie das Glaubensbekenntnis von Nizäa (325) und Konstantinopel (381) als das eine Glaubensbekenntnis, das zumindest dem Ansatz nach die ganze Christenheit ursprünglich einmal gemeinsam bekannte (sogar jenseits des römisch-byzantinischen Herrschaftsbereiches).
Als weitere Perspektive benannte sie die Frage, den trinitarischen Glauben – auch angesichts zunehmender Individualisierung religiöser Überzeugungen – gemeinschaftlich mit Kirchen zu bekennen, die in ihrer Tradition keine fest formulierten Glaubensbekenntnisse kennen.
Die Texte der Vorträge sollen bald vorab in einer epd-Dokumentation und später noch im Jahrbuch des Martin-Luther-Bundes 2026/2027 veröffentlicht werden.
Auch die diesjährigen Theologischen Tage waren Teil der Reihe der jährlichen Tagungen des Martin-Luther-Bundes, die auf dem Weg zum Jubiläum des 500-Jahr-Jubiläums des Augsburger Bekenntnisses 2030 ausgewählte Artikel dieses Bekenntnisses in den Mittelpunkt eines fachkundig begleiteten internationalen Austausches stellen. Die nächsten Tagungen sollen vom 25. bis 27.02.2026 und vom 22. bis 24.02.2027 wieder in Hofgeismar stattfinden (ohne Gewähr).
» Evangelische Tagungsstätte Hofgeismar