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Aktuelle Meldung



01.12.2011 - Kategorie: Estland, Konfirmandengabe

ESTLAND: Bericht von Matthias Burghardt




Schon lange ist der Martin-Luther-Bund der Arbeit von Pfarrer Matthias Burghardt in Estland verbunden, der in Tallinn die deutsche evangelisch-lutherische Gemeinde leitet. Im Jahr 2009 haben wir die Konfirmandengabe für seine Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gesammelt und konnten ihm eine große Unterstützung zur Verfügung stellen. Jetzt im Herbst 2011 kam von ihm wieder ein instruktiver und ausführlicher Bericht, der hier dokumentiert werden soll:



Foto: Burghardt

Dankesschreiben an die Spender der Konfirmandengabe 2009

 

Die deutschsprachige Erlösergemeinde in Estland bedankt sich von ganzem Herzen bei allen, die mit ihrer Spende dazu beigetragen haben, dass es gelungen ist, eine fröhliche, nachhaltige, wachsende und Früchte tragende Kinderarbeit in unserer Gemeinde aufzubauen!

 

Mit dem Geld haben wir bisher (es sind noch immer rund 2000 Euro übriggeblieben!) die Kindergottesdienstecke unseres Gemeinderaums so ausgestattet, dass die Kinder gerne kommen, um bei uns zu spielen, nicht nur während der Kindergottesdienstzeiten. Immer wieder sind auch bei anderen Gemeindeveranstaltungen Kinder dabei, die sich oft stundenlang vergnügen, ohne dabei ihre Eltern zu vermissen. Mehrfach wurde der Raum schon für Kindergeburtstage gemietet. Er ist natürlich in seinen Spielmöglichkeiten nicht so vielfältig wie beispielweise ein professionelles »Spielzimmer« mit Trampolins, Kletteranlage und ähnlichen Großspielzeugen, aber ein Tischfußballspiel, Kriechtunnel und Zelte sowie ein Ballparadies, Autos, Straßen, Klötze, Legos, Bastelsachen, Kindertisch und -stühle und viele Brettspiele haben wir auch! Dazu gibt es zwei wesentliche Vorteile gegenüber den professionellen Spielzimmern: Bei uns kostet das Spielen und der Kaffee für die Eltern nichts, und die Eltern sind immer ein bisschen gefordert mitzumachen. Der übliche Elternreflex, sich bei Kindergeburtstagen in der Ecke in ein Sofa fallen zu lassen und die Kinder nach drei Stunden wieder anzuziehen, ist bei unseren Kindergeburtstagsfeiern nicht möglich. Jedesmal ist es so gewesen, dass Kindergruppe und ein oder zwei Erwachsene beim gemeinsamen Spielen viel Spaß hatten. Erleichtert wurde es dadurch, dass die Eltern sich abwechselten. So haben alle aktive Zeiten und Ruhepausen, ohne dass es zu nervlichen Ãœberlastungen einzelner kommt.

 

Ein großes Plus ist weiterhin unser Innenhof. Das Stadtarchiv, dessen Räume wir gemietet haben, ist so großzügig, dass wir ihn unbeschränkt nutzen können. So gibt es bei jedem Wetter auch draußen Spielmöglichkeiten, was Spielzimmer nie anbieten können. Mit den Kindern wird gegrillt, Feuer gemacht (in einer Grillschüssel), oder es werden auch einfach Ballspiele oder Staffelspiele gespielt.

 

Besondere Höhepunkte der letzten Jahre wären ohne die Konfirmandengabe nicht möglich gewesen: Bisher fanden zwei Familienfreizeiten statt, eine weitere soll im nächsten Frühjahr folgen. Die erste Freizeit, die wir vom 25.–27. 9. in Põltsamaa im dortigen Gemeindehaus erleben konnten, stand unter dem Thema: »Zachäus – Heute ist diesem Hause Heil widerfahren«. Ein Kennenlernabend für jung und alt eröffnete diese erste Familienfreizeit unserer Gemeinde. Insgesamt waren ein gutes Dutzend Kinder – im Alter von »vor kurzem geboren« bis neun Jahren und noch einmal so viele Erwachsene dabei. Am Samstag brachte ein zweistündiger Kindergottesdienst mit vielen Spiel- und Basteleinlagen den Kindern die Zachäusgeschichte nahe. Bei gutem Herbstwetter wurde der frühe Nachmittag mit Schatzsuche und Bootsbau aus Plastikkörbchen verbracht. Am späten Nachmittag bastelten die Kinder unter Anleitung von Frau Barz, die Kindererzieherin im Kindergarten ist. Ich machte mit den Erwachsenen in dieser Zeit eine Bibelarbeit zum selben Thema. Der Abend war sehr bunt, mit vielen Spielen und einigen Darbietungen. Am Sonntag wurde der Gottesdienst der Gemeinde Põltsamaa besucht, in deren Gemeindehaus wir ja unsere Freizeit verbracht hatten.

 

Die Freizeit in Pilistvere, vom 30. 4.–2. 5. 2010, hieß »Der barmherzige Samariter – zwischen Jericho und Jerusalem«. Leider wurde sie von einem entsetzlichem Ereignis überschattet: Auf ihrem Heimweg wurde ein Mitglied der dortigen Jugendgruppe vom Auto überfahren. Sie hatte uns noch mit den anderen Jugendlichen begrüßt, bevor sie auf ihr Rad stieg. Dieser Schock saß uns allen tief in den Knochen. Wir entschlossen uns trotzdem, die Freizeit nicht abzubrechen. Nach dem Kennenlernabend und als die Kinder im Bett waren, gingen einige von uns in den Keller des Gemeindehauses, um mit den Jugendlichen und Diakon Kalmus zu beten. Am nächsten Tag zeigte ein langer Kindergottesdienst mit vielerlei Aktionen, was Jesus unter Barmherzigkeit versteht. Am Nachmittag machten wir eine Exkursion in die uralte Pilistverer Kirche. Die Schatzsuche wurde diesmal von Herrn Noe organisiert und fand viel Beifall. Anschließend sammelten wir dann mit den Kindern Materialien fürs Lagerfeuer und bereiteten unser Abendessen gemeinsam vor. Der späte Nachmittag wurde wieder getrennt von den Kindern, die mit Frau Barz bastelten, und den Erwachsenen mit einer Bibelarbeit zu Lukas 10 begangen. Abends gab es Lagerfeuer mit Stockbrot und Würstchen und später, für die Mutigen, Sauna mit eiskaltem Flusswasser.

 

Am Sonntag feierten wir Familiengottesdienst mit Totengedenken. Zum Gottesdienst waren auch Gemeindeglieder aus Viljandi und Tartu angereist. Die Teilnahme an der Freizeit war beinahe berauschend: 15 Kinder im Alter bis 14 und ebensoviel Erwachsene! Für unsere Verhältnisse ein gewaltiger Zuspruch.

 

Eine weiterer Baustein unserer Kinderarbeit ist bisher unerwähnt geblieben: Einmal im Monat führt mich mein Weg nach Tartu. Dort feiern wir mit sechs bis 14 (!) Kindern und mindestens sieben Erwachsenen einmal monatlich Kindergottesdienst, mal im »Domus Dorpatiensis«, einen estnisch-deutschbaltischen Kulturzentrum in bester Lage, direkt am Marktplatz, und im Sommer manchmal im »Deutschen Kulturinstitut«, unweit vom Tartuer Domberg in einer alten Villa und deren Garten (mit toller Grillmöglichkeit). Der Kindergottesdienst dort wird eigentlich genau wie in Tallinn gefeiert: Mit fester Eingangsliturgie, die Sorgen und Freuden der Kinder aufnimmt, sie begrüßt und auf den lebendigen Gott hinweist, der ja mitten unter uns ist und wirkt. Darauf wird in ganz unterschiedlicher Weise die biblische Geschichte dargeboten, bevor dann verschiedene Basteleien, manchmal auch Spiele oder das Erlernen neuer Lieder im Mittelpunkt stehen. Der Gottesdienst schließt mit Gebet und Segen. Anschließend gibt es, wie bei den Großen auch, Kirchen-»kaffee« mit selbstgebackenem Kuchen. Die ganze Veranstaltung dauert zweieinhalb Stunden und erfreut sich, gerade auch bei den Tartuern, großer Beliebtheit. Mehrere Taufen sind schon in diesem wechselnden Kreis der Gottesdienstbesucher gefeiert worden, auch unter den Erwachsenen! Die Konfirmandengabe deckt hier die – geringen – Materialkosten sowie Benzinkosten des Pfarrers und Mietkosten für die Räume.

 

Wir freuen uns, dass wir so gut gewirtschaftet haben und noch soviel von dem Geld übrig ist! Der noch vorhandene Betrag reicht für unsere Kindergottesdienstarbeit bis ins Frühjahr/in den Sommer des nächsten Jahres, einschließlich der für nächsten Mai geplanten 3. Familienfreizeit! So hat die Konfirmandengabe nicht nur dazu beigetragen, den Aufbau unserer Kinder- und Familienarbeit nachhaltig und maßgeblich zu unterstützen, sondern auch ihren Unterhalt für drei Jahre gesichert!

 

Bitte richten Sie allen Pfarrerinnen und Pfarrern, Kirchenvorstehern und -vorsteherinnen, Eltern und Konfirmierten unseren herzlichen Dank aus und ein von Herzen kommendes »Vergelt’s Gott!« Herzlichen Dank auch dem Martin-Luther-Bund für die Sammlung und Verwaltung der Gelder!

 

Gott segne Sie!
Ihr
Matthias Burghardt