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Aktuelle Meldung



18.12.2013 - Kategorie: ELKRAS

ELKRAS/Baschkortostan: Seelsorge in Krisenzeiten – unaufdringlich, aber nachhaltig




Pastor Norbert Hintz, Bischofsvikar der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland, schickte uns folgende Geschichte, die nicht nur anschaulich die Lebensumstände dort illustriert, sondern auch gut in die Adventszeit passt:



Kaffeetrinken im »Bauwagen« – Bild: Hintz

So manches Mal waren Propst Sergej Holzwert von Baschkortostan und ich in den letzten Jahren mit Gospodin (Herr) Sergej und seiner Familie zusammen. Auch Sergej bleibt vom Strukturwandel seines Volkes nicht unberĂĽhrt:

 

Er hatte sich eine Kleinmöbelfabrikation aufgebaut und vermarktete das Hergestellte zunächst recht gut. Wegen preiswerterer Serienproduktionen der größeren Möbelhersteller musste er aber seinen kleinen Betrieb doch schließen. Dem Möbeltischler ist klar: Trübsal blasen ist nie und in Russland schon gar nicht zu empfehlen! Deshalb beschreitet Sergej einen neuen Weg, um Brot und Sinn für sich und die Familie zu finden. Er besinnt sich auf seine und der Vorfahren frühere Heimat. Er zieht dorthin und beginnt eine eigenverantwortete Landwirtschaft. Zunächst läuft es etwas illegal. Im Umfeld des Dorfes seiner Kindheit baut er langsam eine Milchkuhherde auf. Sein Wohnhaus dort ist bis jetzt noch das, was wir einen Bauwagen nennen würden. Auch Genehmigungen zum gewerblichen, landwirtschaftlichen Arbeiten hatte er anfangs nicht. Aber in diesem Jahr wurde er mit einer Medaille für mutiges, innovatives, unternehmerisches Handeln im landwirtschaftlichen Beruf ausgezeichnet. Diese Anerkennung aus Landwirtschaftkreisen löste auch den Knoten im staatlichen Aufsichtswesen auf: Man gibt ihm nun die Pachtgenehmigung für Gelände, sowie die Zusage einiger pachtzinsfreier Jahre als Aufbauhilfe.

 

Der Kontakt zu seinem lutherischen Pastor ist immer stabil geblieben: auch in den Notjahren der Veränderungen. Gegenseitiges Vertrauen ist da, sogar tiefstes Vertrauen! Bei unserem Besuch kam es ungeplant zu einer Abendmahlsfeier – dies lag geradezu »in der Luft«. Nicht »nur Worte« mussten sein, sondern Leibhaftigkeit, SpĂĽrbares wie es im Sakrament des Altars von Jesus Christus gegeben ist. Ăśbrigens: Der Altar war ein big-bag (das ist ein wĂĽrfelähnlicher Getreidesack, 1,50 m in Länge, Höhe, Breite), zum »Kelch« wurde eine Tasse, und das von der Frau gebackene Brot wurde uns im Heiligen Abendmahl zum stärkenden Leib Christi. Keiner von uns ahnte vorher, dass diese Begegnung eben »so« sein musste! Tröstend, stärkend, Mut machend wirkte ER – der eigentliche Gastgeber durch seine Gabe. Das ist der wahre Leib und das wahre Blut unseres HERRN Jesus Christus – fĂĽr Dich gegeben in den Tod. Das stärke und bewahre Dich im rechten Glauben zum ewigen Leben!

 

Es war noch vor der Adventszeit – aber Advent geschah. Es war noch lange vor der erneuten Feier der Fleischwerdung an Weihnachten. Aber ER wirkte Hoffnung.

 

Ach so – als wir nach herzlichem Abschied davonfuhren, erreichte uns ein Handyanruf von Sergej: »Haltet noch einmal an – Ihr habt doch unseren Honig, den wir Euch mitgeben wollten, vergessen!« Wenige Minuten später wurde uns aus dem Geländewagen von Sergej sein süßestes landwirtschaftliches Produkt rübergereicht: Baschkirischer Honig – eine Delikatesse.

 

Und am Sonntag wird eine »Abordnung« der Familie im Gottesdienst zum Ewigkeitssonntag sein.

 

Treue Begleitung – eben auch in schweren, wechselvollen Zeiten – wird wohl überall geschätzt. Eben auch in der Weite Russlands durch den Dienst der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland!