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Aktuelle Meldung



25.02.2004 - Kategorie: Brasilien, LD online

LD ONLINE: Schriftenmission – Das missionarische Wirken einer Druckerei in Brasilien




von Rudolf Keller

(nach Angaben von Friedrich Gierus)

Auszug aus dem LD 1/2004

 

Im medienüberfluteten Zeitalter hört man immer wieder ein Stöhnen über die vielen Drucksachen, die uns in Deutschland in Privathaushalten und in den Kirchengemeinden erreichen. Die Zeit, in der man gerne nach christlichen Traktaten griff, liegt bei uns weit zurück, während nette Bildbände häufig als Geschenke eingesetzt werden. Auch manche der eingeführten Zeitschriften beklagen rückläufige Abonnentenzahlen.

In Brasilien ist das ganz anders.



LD 1/2004

Buchhandlung »Livraria Martin Luther«

Die Drucksachen stapeln sich: Pfarrer Friedrich Gierus im Lager der Druckerei »Gráfica e Editora Otto Kuhr« – Fotos: Gierus

Das weiß Friedrich Gierus, ein in Neuendettelsau ausgebildeter und durch den Martin-Luther-Verein in Bayern ausgesandter Pfarrer in Brasilien, der sich seit über 20 Jahren unermüdlich für das Feld der gedruckten Medien einsetzt. Die brasilianische lutherische Kirche war in ihren Anfängen die Diasporakirche der deutschen Einwanderer in dem riesigen Land Lateinamerikas. Deshalb konnte der Martin-Luther-Verein bei seiner Brasilienarbeit auch durch den Versand von deutschen Traktaten, Zeitungen und Kalendern viel zur Stärkung des »Dienstes an den Zerstreuten« beitragen. So konnte ihnen in der Stärkung ihrer christlichen Identität von Deutschland aus geholfen werden. Die Mitarbeiterinnen des »Sendschriftenhilfswerks« haben immer einen beachtlichen Teil ihrer Aktivität für Brasilien eingebracht. Durch eine Vielfalt von Ereignissen hat sich die Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB) im Lauf der Jahre immer mehr zu einer brasilianischen Kirche entwickelt, in der unterschiedliche Abstammung kein Thema mehr ist. Eine Einheit ist entstanden, in der der Missionsauftrag des Herrn der Kirche zu allen Völkern im großen Flächenstaat Brasilien ernstgenommen und umgesetzt wird. Daß die Lutheraner Brasiliens eine kleine Minderheit sind, verrät ein Blick auf die Zahlen. Unter den über 170 Millionen Einwohnern des Landes zählt die IECLB in 18 Â»Synoden« – so nennt man die einzelnen regionalen Kirchenbezirke – nur knapp über 735.000 Mitglieder, das sind weniger als 0,5 Prozent der Bevölkerung in rund 3000 Gemeinden.

In diesem Umfeld erreicht die Gemeinden nur selten eine lesbare Stimme aus der Kirche. Pastor Gierus, der in Blumenau eine der beiden monatlichen Kirchenzeitungen (Journal »O Caminho«) für die IECLB herausgibt, hat vor einigen Jahren eine Druckerei und eine Buchhandlung eingerichtet (»Gráfica e Editora Otto Kuhr« und »Livraria Martin Luther«), um die »Schriftenmission«, die seit 1987 im Auftrag der IECLB tätig ist, besser ausbauen zu können. Sie hat den Auftrag, Faltblätter, Broschüren, Handzettel, Studienhefte u.ä. zu produzieren und den Gemeinden für ihre Tätigkeit zur Verfügung zu stellen. Es ist übrigens interessant, daß auch Gemeinden anderer Konfessionszugehörigkeit diese Materialien kaufen und einsetzen. Was hier inhaltlich erarbeitet wird, hat ein breites Spektrum und würde im deutschen kirchlichen Leben aus verschiedenen kirchlichen Einrichtungen und Ämtern geliefert.
Die brasilianische Diasporakirche verfügt jedoch nicht über ein so breit gefächertes Angebot von überparochialen Diensten, so daß die ganze Bandbreite der Themen von der Konzeption über die Herstellung bis zum Versand in den Händen von Pastor Gierus mit seinem Stab liegt.


Faltblätter

Sie werden für Evangelisations- und Missionsarbeit der Gemeinden gedruckt und sollen zum Einsatz vor Ort geeignet sein. Sowohl für besondere Anlässe als auch für die ganz normale Gemeindearbeit werden in Brasilien derartige Hilfen benötigt. Auf Handzetteln werden die Menschen des Landes allgemein verständlich angesprochen. Es geht um seelsorgerliche Themen, die den Dienst der Pfarrer verstärken können (etwa in der Drogenberatung, bei Eheseminaren, in der Behinderten- und Seniorenarbeit). Es geht auch um allgemeine ethische Themenbereiche (»Du und deine Umwelt«, »Ehrlichkeit«, »Ich bin arbeitslos, was nun?« u.ä.). Einige Aktionen der Gesamtkirche werden durch die Herstellung von Aufklebern oder Prospekte begleitet.


Broschüren

Besonders gefragt sind Themen, die das evangelisch-lutherische Proprium ansprechen. Eine achtseitige Kurzbiographie über Martin Luther wurde in mehr als 100.000 Exemplaren verkauft. Eine Broschüre mit Lutherworten und verwandten Bibelsprüchen wurde bisher in 40.000 Exemplaren abgenommen. Ausgewählte Artikel aus dem Grundbekenntnis unserer Kirche, dem Augsburger Bekenntnis, eine Sammlung mit Gebeten Luthers gehören ebenso zu dem Programm. Spitzenreiter in der Nachfrage ist das Blättchen »Wer sind die Lutheraner?« Es wird offensichtlich auch stark über die Grenzen der IECLB hinaus gefragt. Aktuelle Themen aus der Ökumene werden aufgegriffen und dargestellt. Im Jahr 1999, dem Jahr der »Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre«, die in Augsburg namens der römisch-katholischen Kirche und des Lutherischen Weltbundes unterzeichnet wurde, legte die Schriftenmission ein Themenheft zur Rechtfertigungslehre vor. Der im Jahr 2000 von der IECLB verabschiedete gesamtkirchliche Missionsplan »Gemeinsam Gemeinde erneuern und bauen« wurde in deutscher und portugiesischer Sprache mit hohen Auflagenzahlen in den Gemeinden verbreitet. Nach dem 11. September 2001 mit dem Anschlag auf das World-Trade-Center in den USA fand ein Heft über den Islam hohes Interesse. Dies Material wird kostengünstig abgegeben, einiges kommt auch nach Sicherstellung der Finanzierung im missionarischen Interesse kostenlos zum Versand.


Werbung

Vier bis sechsmal pro Jahr werden Probeexemplare der lieferbaren Titel an die Gemeinden, Gremien und Institutionen der Kirche geschickt. Dann haben die Empfänger Gelegenheit zur Bestellung ihres Bedarfs. Von einem Direktversand in großen Mengen hat die Schriftenmission nicht nur aus Kostengründen, sondern auch unter Berücksichtigung der sehr differenzierten Bedarfslage Abstand genommen. Seit der Gründung im Jahr 1987 weist die Statistik die stolze Summe von rund 9 Millionen verschickter Traktate nach. Auch das portugiesischsprachige Ausland (Moçambique, Angola, Portugal) hat davon Gebrauch gemacht. Solange Verteilblätter kostenlos abgegeben und versandt wurden, war die Nachfrage aus den neu-evangelischen Pfingstkirchen noch größer. 122 verschiedene Faltblätter wurden hergestellt, von denen nur noch 20 Prozent in deutscher Sprache vorgelegt wurden. Den Gemeinden der IECLB werden die Materialien auch teilweise kostenlos zur Verfügung gestellt.


»Briefseelsorge«

Von Lesern gestellte Fragen zu theologischen Themen werden durch ein Netz von ehrenamtlichen Mitarbeitern bearbeitet und beantwortet. Dieser begleitende Dienst ist gerade angesichts der großen Entfernungen im Land von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Als nützlich erweisen sich dabei auch die neuen Möglichkeiten des Internet, die für den geschäftlichen Verkehr ohnehin genutzt werden. Die Homepage der Schriftenmission kann unter folgender Adresse angeklickt werden: www.centrodeliteratura-ieclb.com.br.


Finanzierung

Das liebe und notwendige Geld bleibt für die Schriftenmission ein stets mit Hoffen und Bangen verbundenes Thema. Die jährliche Kollekte aller Gemeinden der IECLB ist eine Säule, Spenden von einzelnen Gemeinden und Freunden, oder projektbezogene Hilfe für ein besonderes Thema sind die Quellen, aus denen die Aktivität getragen wird. Man darf nicht übersehen, daß die genannten Kleinschriften überwiegend von einer Beschaffenheit sind, die nach neuen Titeln verlangt.
Stets neu ist der immer wiederkehrende Turnus der termingebundenen Drucke, wie der jährliche Bibelleseplan, die Traktate zu den großen kirchlichen Feiertagen (Ostern, Pfingsten, Weihnachten, Jahreswende, Ewigkeitssonntag) oder die seelsorgerlich immer wiederkehrenden Anlässe (Schulanfang, Konfirmation, Hochzeit u.ä.) Da ist immer neu das Problem der zu bewältigenden Druck- und Versandkosten. Kaum ist das eine gelöst, entsteht mit der Sicherheit des voranschreitenden Kalenderjahrs das nächste. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern als Partnerkirche der IECLB hilft der Schriftenmission alljährlich, auch der Martin-Luther-Verein in Bayern hat verschiedene Aktionen – vor allem die Einrichtung der Druckerei – gefördert und gibt jederzeit zweckgebundene Spenden dorthin weiter.


Zukunft der Schriftenmission?

Auch im Zeitalter von Radio und Fernsehen und trotz der auch in Brasilien abnehmenden Lesekultur bleibt das Thema Schriftenmission aktuell, weil die großen Medien der kleinen Minderheit brasilianischer Lutheraner nur wenig Raum geben.
Die Verteilung identitätsstiftender Glaubensinformation bleibt eine missionarische Aufgabe der Diasporakirche. Es zeigt sich auch immer wieder, daß die Nachfrage tatsächlich groß ist.
Diese Arbeit hat in der brasilianischen Kirche eine Zukunft. Es lohnt sich also, auf diesem Sektor noch weiter zu investieren.


Pfarrer Dr. habil. Rudolf Keller ist Leiter der Geschäftsstelle der »Arbeitsgemeinschaft der Diasporadienste« (AGDD) in Neuendettelsau.


Auszug aus dem »Lutherischen Dienst« 1/2004. Wenn Sie die weiteren Artikel – etwa über die Kirchenvereinigung in den Niederlanden, über Städte- und Gemeindepartnerschaften in Rußland, über die Arbeit von Pfarrer Markus Huck in Odessa u.v.a. lesen möchten, bestellen Sie den »Lutherischen Dienst« kostenlos.